Das
Märchen vom gerechten Staat
Ein
Steuersystem, das die Mehrheit der Bevölkerung nicht mehr
versteht, ist verfassungswidrig, sagt der Ex-Verfassungsrichter
Paul Kirchhoff.
Selbst hochspezialisierte Steuerberater verheddern sich regelmäßig
im undurchdringlichen Gestrüpp Abertausender Verordnungen. Und
was für den einzelnen Bürger am Ende herauskommt, grenzt immer
häufiger an Willkür: Steuerzahler im Würgegriff der Finanzämter.
Denn der Staat hat in jedem Fall den längeren Atem. Wir zahlen
Lohnsteuer oder Einkommensteuer. Und von dem, was uns das
Finanzamt lässt, greift es sich dann bei jedem Einkauf noch
einmal einen Teil, die Mehrwertsteuer. Gerade erst wurde der
Steuersatz erhöht. Der Staat ist äußerst kreativ, wenn es ums
Geldeinsammeln geht. Der Film von Günter Ederer zeigt haarsträubende
Beispiele von Chaos und Ungerechtigkeit. Die Geschichte des
Kaufmanns Konrad Martin zum Beispiel. Der sollte plötzlich nach
den steuerlichen Regeln für Landwirte zur Kasse gebeten werden,
obwohl er in seinem Leben nie eine Landwirtschaft betrieben hat.
Er hatte lediglich ein Bauernhaus mit Scheune geerbt, ohne Land
und ohne Tiere. Das Leben ist kompliziert, deswegen kann auch
das Steuersystem nicht einfach sein, so die kurze Formel der
deutschen Finanzbürokratie. Damit werde aber nur verschleiert,
dass das undurchschaubare Steuersystem gerade all jenen nutzt,
die nahe an der Macht sitzen, meint Kirchhoff
Gerechtigkeit
Lexikon
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